Heute nehme ich mich mal einem unserer Steckenpferde an – dem Online-Produktvertrieb von Finanzprodukten. Der Bereich verlangt uns neben rechtlichen Aspekten – für die es gute Anwälte gibt – vor allem einige sehr wichtige inhaltliche Themen ab.
Was ist eigentlich Online-Produktvertrieb
Online-Produktvertrieb ist hoffentlich immer Bestandteil einer gesamten Internetstrategie. Dennoch kann Online-Produktvertrieb sehr unterschiedliche Ausprägungen haben. Hier gibt es die größten Unterschiede und diese machen sich vor allem an Ihrer Strategie fest.
Produktvertrieb für Neukunden
1. Kein Online-Abschluss für Neukunden
In diesem Fall denken Sie hoffentlich über Produktvertrieb nach. Teil der Strategie ist in dem Fall eher der Weg in die Filiale, aber auch dieser Weg muss dem Kunden geebnet werden. Immerhin gibt es empirische Daten, die belegen, das Kunden Online nach Finanzprodukten recherchieren und vergleichen. Den Weg in die Filiale nehmen dann von sich aus immerhin noch ca. 50 % der Kunden auf sich. Dieser Effekt trägt den Namen ROPO (Research Online / Purchase Offline).
Die Art und Weise wie Ihre Produkte präsentiert werden, bewegt also immerhin 50 % Ihrer potenziellen Neukunden. Geben Sie keine Produktinformationen heraus, werden diese Kunden den Weg in Ihre Filiale nicht finden.
2. Online-Abschluss
Der Online-Abschluss wird von einigen Dienstleistern als fallabschließend angeboten. Die Frage ist immer nur: „Für wen ist dieser Abschluss fallabschließend?“ In den meisten Fällen wird relativ schnell klar, dass man sich damit beschäftigt hat, den Auftrag in ein Kernbankensystem zu bekommen.
Der Abschluss ist also für die Bank fallabschließend. Betrachtet man diese Prozesse jedoch von Kundenseite wird einem relativ schnell klar: „So wird das nichts…“
Für den Kunden beginnt nun bei vielen Instituten eine Odyssee ohne die Gewissheit, ob nicht Skylla oder Charybdis um die nächste Ecke lauern. Für Kunden gibt es im Kaufprozess nichts Schlimmeres als die Tatsache, dass er den roten Faden verliert. Ein Kunde will im Internet an die Hand genommen und geführt werden.
Zu erwähnen bleibt: ca. 10 % der Neukunden nutzen aktuell einen Online-Produktabschluss, um Kunde Ihrer Bank zu werden. Dies sind aktuell noch Zahlen, die in einigen Fällen noch vernachlässigt werden könnten. Unsere Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass es hier massive regionale Unterschiede gibt.
Produktvertrieb für Bestandskunden
Viele Banken sind der festen Meinung, dass ein Kunde auch für immer Kunde bleibt. Bestandskunden haben auch Beadarf an weiteren Produkten einer Bank. Wenn der Kunde aufgrund einer veränderten Lebenssituation beginnt, ein Finanzprodukt zu recherchieren, sollten Sie mit Ihren Leistungen präsent sein. Diese „magischen Momente“ im Leben eines Kunden zu treffen sind ein anderes Thema, das ich an dieser Stelle auch nicht weiter erläutern möchte.
Bestandskunden recherchieren nur unwesentlich anders als Neukunden. Daher ist es auch hier notwendig, den Kunden so früh wie möglich an die Hand zu nehmen und ihm eine Lösung für seine Probleme zu präsentieren. Dies können Sie hervorragend über die Startseite ihrer Bank erreichen. Immerhin schaut ihr Kunde dort wesentlich öfter vorbei als in seiner Bankfiliale.
Sie sollten sich also im Rahmen ihrer Internetstrategie überlegen, ob Ihre Startseite diesem Zweck gerecht wird. In der Regel empfiehlt sich der Einsatz von großen Bildern, um den Kunden auf einer emotionalen Ebene ab zu holen.
1. Kunden kaufen im Online-Banking
Wenn es unbedingt sein muss, dann kaufen Kunden bestimmt auch dort. Es ist allerdings viel Initiative eines Kunden nötig, um dort ein Produkt zu kaufen . Wieso dies so ist? Ich werde versuchen, Ihnen ein Bild zu vermitteln, das Ihnen im ersten Moment vielleicht etwas krass erscheint.
Stellen Sie sich vor, ihr Metzger verkauft Ihnen seine Waren nicht an der Theke, sondern im Schlachthof!
Etwas weit hergeholt werden Sie nun vielleicht denken. Gut möglich, dass ich es etwas überspitzt dargestellt habe, aber sicher ist ein Kunde, der gerade seinen schlechten Kontostand sieht oder eine Überweisung machen muss, wird sich nur in den seltensten Fällen mit seiner langfristigen Finanzplanung beschäftigen.
2. Bestandskunden kaufen auf der Webseite
Kunden investieren einige Zeit in der Recherche nach dem richtigen Produkt. Auch Ihre Kunden holen sich Empfehlungen ein, wägen Vor- und Nachteile ab, rechnen Beispiele durch und treffen dann sicherlich eine Bauchentscheidung. Diese Entscheidungen sind nicht objektiv, sondern emotional! Eine Möglichkeit, dies für Ihre Bank zu nutzen, ist die Werbung Ihrer Finanzprodukte zu emotionalisieren oder den entstehenden Wert über einen Top-Zinssatz zu stellen.
In jedem Fall fördert aber die gute Präsentation der Produkte auf der Webseite den Abschluss im geschlossenen Bereich immens.
Mit einer guten Präsentation verkaufen sich Produkte von selbst
Schön wäre es. Eine gute Präsentation hilft natürlich beim Erregen der Aufmerksamkeit ihrer Kunden. Es gibt einfache Regeln, die in einem Online-Produktvertrieb notwendig sind. Dies sind kurzgefasst die folgenden:
- Ein eindeutiger Produktname
- Gliederung der Inhalte
- Eine klare Auflistung der größten Vorteile dieses Produkts
- Ein Testat (sofern vorhanden)
- Eine gut sichtbare Handlungsaufforderung (Jetzt abschließen)
- Ein sauberer Prozess, der Ihren Kunden „an die Hand nimmt“
Zusammenfassung
Eine Bank, die heute im Markt bestehen will, muss damit beginnen, Ihre Prozesse vom Kunden aus zu denken. Direktbanken und Versicherungen schlafen nicht und drängen mit einer hohen Geschwinigkeit in Ihren Markt und bauen Ihre Positionen aus. Hier hilft es nicht immer, nur den effizientesten Prozess für die Bank umzusetzen. Von Zeit zu Zeit müssen Sie sich die Zeit nehmen um heraus zu finden: „Was denkt mein Kunde und was erwartet er von mir?“
Die Bank von morgen muss sich empathisch in Ihre Kunden hineinversetzen können. Sie muss die Bedürfnisse Ihrer Kunden, die regional und demografisch sehr unterschiedlich sein können, verstehen und Kunden bei emotionalen Entscheidungen unterstützen.
Ein fallabschließender Produktabschluss, der innerhalb der Bank in erster Linie keine Arbeit erzeugt, sollte nicht der Kern Ihres Produktvertriebs sein. Auch ein strategisches Verbandsprojekt ist kein Heilsbringer, denn es wird nicht dort geplant, wo es eingesetzt wird.
Prozesse müssen in erster Linie für Ihre Kunden geplant werden. Ist dies der Fall, gibt es später sogar Aufträge, die automatisch verarbeitet werden können. Die automatische Verarbeitung eines starren Prozesses sollte nicht Kern ihrer Strategie in einem so schnellen Markt wie dem Internet sein.
Machen Sie die Tatsache, dass Sie Abschlüsse generieren wollen, zum Kern Ihrer Strategie und finden Sie heraus wie und warum ihr Kunde ein Produkt kauft. Funktioniert ihr Prozess nicht, haben Sie immerhin dann die Möglichkeit, zeitnah nach zu bessern.
Abschließen möchte ich an dieser Stelle mit einem Zitat
Manche wähnen sich wieder in wärmeren Gewässern und wissen nicht, dass sie bereits im Kochtopf sitzen.
Kurt Weidemann